Ein Jahr ist vergangen seit meiner Solo-Fernwanderung auf dem GR131, einem 90 Kilometer langen Fernwanderweg, der mich von Teneriffas Nordosten bis zum Südwesten führte. Um den kalten und grauen Winter in Deutschland zu verkürzen, entschied ich mich spontan, im Januar nach Teneriffa zu fliegen. Dort habe ich früher unzählige Urlaube im Winter verbracht, insgesamt fast ein halbes Jahr. Meistens hatte ich meinen kleinen Sohn dabei und war deshalb bei den sportlichen Outdoor-Aktivitäten sehr eingeschränkt. Außerdem hatte ich selbst noch nicht so viel Erfahrung beim Wandern und war nicht so sportlich.
Letztes Jahr wollte ich den Urlaub auf meiner Lieblingsinsel ganz anders gestalten. Da die Fernwanderungen seit einigen Jahren meine neue Leidenschaft sind, war mein Ziel, Teneriffa auf dem Fernwanderweg GR131 zu bewandern. Die Vorbereitungen für diese Unternehmung waren alles andere als einfach. Mit kaum vorhandenen Unterkünften entlang des Weges musste ich kreative Lösungen finden. Teils nutzte ich Busse, um zwischen Etappen hin- und herzureisen. Doch diese Planungsschwierigkeiten waren nur der Auftakt zu einem Abenteuer, das mich körperlich und mental fordern sollte.
Die ersten vier Tage auf Teneriffa
Das Abenteuer begann an einem kalten Januartag am Flughafen München. Ich hatte nur einen 7-Kilogramm-schweren Rucksack dabei, der mir für 12 Tage auf Teneriffa reichen sollte. Aber aus meiner Erfahrung auf der sonnigen Insel, wusste ich, dass man auf Teneriffa keine Winterbekleidung braucht. Für die Berge hatte ich eine Regenjacke und zwei warme Pullover.
Nach einem ruhigen, fünfstündigen Flug, landete ich am Flughafen Teneriffa Süd. Es war so herrlich, nach 10 Jahren wieder auf meiner Lieblingsinsel zu sein und den Sommer zu genießen. Mit dem Bus ging es nach Santa Cruz de Tenerife und San Cristóbal de La Laguna. In der Hauptstadt und der zweitgrößten Stadt der Insel machte ich kleine Stadtbummel. Da La Laguna 550 Meter weiter höher am Rande des Anaga-Gebirges liegt, herrscht hier ein ganz anderes Klima wie im Süden Teneriffas und es kann bis zu 10 Grad kälter sein.
Am Abend erreichte ich meine Ferienwohnung in Tejina. Im diesem kleinen Ort zwischen La Laguna und der Küste verbrachte ich drei Nächte. Die Zeit vor der Wanderung nutzte ich für die ersten Wanderungen und die Ausflüge zu Teneriffas Stränden. Am ersten Tag ging es zu Fuß von Punta del Hidalgo zum Bergdorf Chinamada und danach mit Bussen nach Santa Cruz und zum Traumstrand Playa de las Teresitas. Am zweiten Tag besuchte ich den sonnigen Süden in Los Cristianos, badete im Atlantik und wanderte auf den Hügel Montaña Chayofita.
Ein Tag vor dem Abenteuer fuhr ich mit dem Bus zum Bergdorf La Esperanza, das südlich von La Laguna auf 900 Metern liegt. Dort übernachtete ich in einer idyllischen Finca in einsamer Lage und genoss von der Terrasse einen herrlichen Blick auf die Küste und das Anaga-Gebirge.
Die 1. Etappe von La Esperanza nach La Caldera
Nach dem Frühstück brach ich noch vor dem Sonnenaufgang auf. Die erste Etappe ist nämlich sehr anspruchsvoll – auf der 30 Kilometer-Strecke musste ich circa 1500 Höhenmeter bewältigen. Da meine Unterkunft drei Kilometer von La Esperanza weiter unterhalb lag, kamen noch 150 Höhenmeter dazu. Obwohl ich sportlich bin, stellte das eine große Herausforderung für mich dar. Aber das war die einzige Möglichkeit, den GR131 zu bewältigen. Auf der ganzen Strecke, die nur im Wald auf der Höhe zwischen 1000 und 1800 Metern verläuft, gibt es keine Übernachtungsmöglichkeiten. Manche Wanderer haben ein Zelt dabei und übernachten wild, aber diese Option kam für mich nicht in Frage.
Durch den kanarischen Kiefernwald und immer bergauf kämpfte ich mich voran. Es gab nur wenige Ausblicke, aber wenn sie sich öffneten, offenbarten sie traumhafte Schönheit bis zur Küste und zum majestätischen Pico del Teide. Im beliebten Erholungsgebiet La Caldera beendete ich die Etappe. Der Ort liegt auf 1200 Metern oberhalb des Bergdorfes Aguamansa. Es gibt hier mitten eines riesigen Kessels einen Picknickplatz, einen Spielplatz und ein kleines Lokal. La Caldera ist gut mit dem Mietwagen und Bus 345 von Puerto de la Cruz erreichbar.
Eine Stunde später erreichte ich Puerto de la Cruz. Die Stadt im grünen Norden Teneriffas ist ein wichtiger Ferienort und bietet eine Menge an Sehenswürdigkeiten, touristischen Attraktionen und schönen Stränden. In Puerto de la Cruz gönnte ich mir zwei Nächte Erholung in einem gemütlichen 3-Sterne Hotel mit Halbpension. Ich ging in der Stadt spazieren und wanderte zu den schwarzen Lavastränden Playa Jardin, Playa del Bollullo und Playa de los Patos. Ich hatte Glück – ich konnte überall den Blick auf den Pico del Teide und die sommerlichen Temperaturen um die 25 Grad genießen. Das ist im Winter keine Selbstverständlichkeit im grünen Norden. Ich war schon oft in Puerto de la Cruz, auch im April, aber hatte selten so viel Sonne.
Die 2. Etappe von La Caldera zum Besucherzentrum El Portillo im Teide Nationalpark
Die zweite Etappe führte von La Caldera nach El Portillo im Teide Nationalpark. Ein früher Morgenstart mit dem Bus brachte mich wieder zum Erholungsgebiet La Caldera. Ich wanderte zunächst durch den dichten Wald, bis ich die die Vulkanlandschaft des Nationalparks auf circa 2000 Metern erreichte. Der Blick auf den schneebedeckten Pico del Teide war atemberaubend. Das Ziel der zweiten Etappe war das Besucherzentrum El Portillo. Ich hatte aber noch genügend Zeit, um mit einem anderen Bus zum Besucherzentrum El Parador zu fahren und die berühmten Felsen Los Roques de Garcia mit den anderen Touristen zu fotografieren.
Danach ging es mit dem zweiten Bus nach Vilaflor. In einem Landhotel im höchstgelegenen Ort Teneriffas, der auf 1450 Metern liegt, verbrachte ich zwei Nächte.
Die zweite Etappe war nicht so anstrengend wie die erste – ich musste circa 15 Kilometer mit 1100 Höhenmetern bewältigen.
Die 3. Etappe von El Portillo nach Vilaflor
Die dritte Etappe begann im Besucherzentrum El Portillo und führte mich durch die faszinierende Vulkanlandschaft des Teide Nationalparks. Da ich das Besucherzentrum mit dem Bus erreichte und im gleichen Hotel übernachtete, hatte ich nur einen leichten Rucksack dabei.
Ich wanderte im flachen Gelände auf einem breiten Wanderweg. Obwohl der Nationalpark in der Nähe der Besucherzentren gut besucht ist, war ich auf dem GR131 die meiste Zeit alleine unterwegs. Die traumhaften Blicke auf den Pico del Teide und die faszinierenden Felsformationen, begleiteten mich auf der halben Strecke, bis ich den höchsten Punkt auf 2400 Metern erreichte. Dort konnte ich einen faszinierenden Blick genießen – Vilaflor und die Küste im Wolkenmeer.
Der Abstieg durch einen mystischen Wald im Nebel mit vielen gelben Pflanzen sorgte für weitere unvergessliche Eindrücke.
Die dritten Etappe mit leichtem Rucksack war für mich ziemlich genussvoll – auf der 25 Kilometer-Strecke wanderte ich überwiegend bergab (1100 Meter Abstieg und nur 500 Meter Aufstieg).
Die finale 4. Etappe von Vilaflor nach Arona
Die letzte Etappe startete direkt vor meinem Hotel in Vilaflor. Durch Wald und vorbei an kleinen Dörfern genoss ich traumhafte Ausblicke auf die Küste zwischen Los Cristianos und Costa Adeje. Ich wanderte an formschönen Gipfeln Roque Imoque und Roque del Conde vorbei. Das wären spannende Wanderziele für den nächsten Urlaub auf meiner Lieblingsinsel. Ich war über die üppige Vegetation mit vielen Kakteen und die blühenden Pflanzen sehr überrascht. Die Küste im Südwesten Teneriffas ist nämlich sehr karg – nur in den gepflegten Ferienorten und Hotelanlagen gibt es üppige subtropische Vegetation.
Mit 18 Kilometern war es die leichteste Etappe. Ich wanderte nur 1100 Kilometer bergab, was mit einem leichten Rucksack für mich kein Problem darstellte. Als ich mein Ziel erreichte, das Dorf Arona, war ich glücklich und stolz auf mich, dass ich meine wunderschöne Lieblingsinsel zu Fuß durchquerte und so erlebte. Danach fuhr ich mit dem Bus ans Meer im sonnigen Süden.
Nach dem Abenteuer
Nach der Fernwanderung gönnte ich mir noch einige Tage im Ferienort Playa de la Arena. Die Region liegt vor den gigantischen Felsen von Los Gigantes. Ich übernachtete in einem 4-Sterne Hotel Allegro Isora.
Nach der Fernwanderung entspannte ich mich am schwarzen Lavastrand Playa de la Arena, unternahm einige kleine Wanderungen, einen Bootsauflug zur Felsklippen vor der Masca-Schlucht und lief einmal 10 Kilometer am Meer entlang.
In der Region Los Gigantes habe ich meinen ersten Urlaub auf Teneriffa vor 17 Jahren verbracht, als mein Sohn 10 Monate alt war. Ich bin allein mit einem kleinen Baby nach Teneriffa für drei Wochen geflogen, um dem kalten Winter in Deutschland zu entfliehen. Eigentlich war das viel mutiger als eine Solo-Fernwanderung durch die gebirgige Kanarische Insel. Die Erholung am Meer in diesem nostalgischen Ort war somit der perfekte Abschluss meiner Solo-Wanderung auf dem GR131 auf Teneriffa.