Genau vor einem Jahr bin ich den München Marathon gelaufen. Es war mein erster City-Marathon und ich war sehr stolz auf mich, dass ich in 4:14 Stunden das Ziel erreicht habe. Es hat mir bewiesen, dass meine Kondition sehr gut ist, weil ich nur ganz wenig und ziemlich unprofessionell trainiert habe.
In diesem Jahr hatte ich keine Lust auf Wettkämpfe. Im letzten Jahr habe ich meine ersten Erfahrungen damit gemacht (zwei 10-km-Läufe, ein Halbmarathon, zwei Marathons, ein kleiner Triathlon und ein Crosslauf) und gleichzeitig festgestellt, dass der reine Wettkampfsport mir nicht reicht, um mich glücklich zu fühlen. All die Berg-, Rennradtouren, Kurzreisen und Aktivurlaube, die ich mit meinem Freund sowie alleine in letzten zwei Jahren gemacht habe, geben mir das Gefühl, ein besonderes und spannendes Leben zu führen. In den Bergen, am Gardasee, auf einer Mittelmeer- oder Atlantikinsel bewege ich mich inmitten der wunderschönen, oft unberührten Natur, sehe abwechslungsreiche Landschaften, erlebe Abenteuer und Glücksmomente. Diese Unternehmungen bleiben fest in meiner Erinnerung, auf Bildern und auf meinem Blog. Durch meine Facebook-Seite und meinen Blog kann ich auch anderen Leuten die wunderschönen Ecken unserer Erde zeigen. Ich habe die Möglichkeit, die andere für meine Leidenschaft, die mich glücklich macht, zu begeistern. Das macht mich noch glücklicher, denn: „Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“ (Adolf Schweitzer).
Was meine sportlichen Leistungen betrifft, sieht die Lage so aus: Selbst behaupte ich zwar, dass jeder gesunde Mensch einen Marathon laufen kann, wenn es ihm wichtig ist, wenn er motiviert ist und genügend trainiert. In der Praxis will und braucht selten jemand einen Marathon, um sich glücklich zu fühlen. Deshalb interessiert auch kaum jemanden, ob ich den Marathon in 4: 14 oder unter 4 Stunden absolviert habe. Ich bin 44 und werde keine Weltmeisterin mehr sein. Wenn ich zu viel und zu intensiv trainiere, bekomme ich eine Sportverletzung und zeige eher, dass der intensive Sport ungesund ist. Das würde wiederum meinem Ziel widersprechen. Ich will nämlich durch Sport gesund, fit sowie glücklich sein und nicht unter dem Sport leiden.
Andererseits ist der Sport eine tolle Freizeitbeschäftigung, wenn ich am Wochenende nichts Besonderes geplant habe. Wenn ich am Samstag nicht trainiert habe, ist der Sport am Sonntag, wie zum Beispiel heute, einfach ein Muss. Nach einem langen und ausgiebigen Frühstück haben zwei Stunden Sport meinen Tag sinnvoll gefüllt, bevor ich diesen Artikel geschrieben habe. Der 10-km-Crosslauf inmitten der Natur bei frischen 8 Grad, das Schwimmen im warmen Becken sowie Kaffee und Kuchen im Hallenbad waren eine perfekte Kombination. Der Sonntag war schnell vorbei. Den Sonntag zu genießen, ist aber keine Selbstverständlichkeit. Ich habe einen Vergleich, weil ich früher anders gelebt habe. Als ich vor 11 Jahren im Angestelltenverhältnis gearbeitet habe, freute ich mich immer auf das Wochenende. Dann kam das Wochenende, meine Freundinnen hatten keine Zeit und ich wusste nicht, was ich mit mir anfangen soll. Mit meinem Ex-Mann habe ich einiges unternommen, aber die verschiedenen Freizeitaktivitäten wie Ausstellungen, Museen, Shoppen und Essengehen haben mich nicht glücklich gemacht. Selbst die vielen Tagesausflüge mit dem Auto in die Berge haben mir nicht das Gefühl gegeben, dass ich intensiv lebe. Wir sind dort nur ein wenig spazieren gegangen und haben uns zum Ausklingen des Tages eine kalorienreiche Speise im Restaurant gegönnt, die wir uns – zumindest vor Kalorienverbrauch her – gar nicht verdient hatten. Eine wichtige Sache hat mir damals gefehlt – die intensive Bewegung inmitten der wunderschönen Natur, die mir heute alleine zum Glück reicht.
Aus diesen Erfahrungen habe ich viel gelernt. Schöne Landschaften in den Bergen oder am Meer beim langsamen Spazierengehen im Tal oder am Strand sind besser als nichts, aber reichen mir nicht, um mich glücklich zu fühlen. Der Sport vor der Haustür ist wichtig für meine Gesundheit und Fitness, kann auch eine tolle Freizeitbeschäftigung am Wochenende zu Hause sein, aber gibt mir auch nicht das Gefühl, dass ich ein spannendes Leben führe. Wenn ich jedoch immer wieder eine Tagestour in die Berge, einen Kurzurlaub oder ab und zu eine längere Reise unternehme, sehe ich so viele abwechslungsreiche Landschaften, bewege mich inmitten der herrlichen Natur und erlebe so viele wunderschöne Momente. All das zusammen, gibt mir das Gefühl, intensiv zu leben.