Mit dem regelmäßigen Sport habe ich ziemlich spät angefangen, nämlich erst nach meinem 38. Geburtstag. Davor war ich etwas übergewichtig und mit meinem Aussehen sehr unzufrieden. Nach der Geburt meines Sohnes vor 11,5 Jahren wurde ich leicht depressiv. Jahrelang war ich nicht in der Lage, meinen inneren Schweinehund zu überwinden und mich körperlich zu betätigen. Doch im Oktober 2010 ist ein Wunder passiert. Ich habe jeden Tag auf dem Heimtrainer zu Hause trainiert und ziemlich schnell überflüssige Kilos verloren. Da ich mich plötzlich attraktiver und glücklicher gefühlt habe, verstand ich, wie gut mir der Sport tut und wollte nie mehr damit aufhören.
Mittlerweile laufe ich, fahre Rennrad, schwimme und unternehme anspruchsvolle Bergtouren sowie Hochtouren. Im Winter gehe ich langlaufen und mache abenteuerliche Schneeschuhwanderungen. Am meisten begeistern mich die Outdoor-Aktivitäten in den Bergen und an den sonnigen Reisezielen. Da ich nicht dauernd verreisen kann, versuche ich auch Ziele zu finden, die ich vor der Haustür durchsetzen kann.
Im letzten Winter habe ich beschlossen, das Kraulen zu beherrschen, um im Sommer 2017 am Triathlon (olympische Distanz) teilzunehmen. Es war eine große Herausforderung, weil ich das ganze Leben lang mit dem Kopf auf der Wasseroberfläche geschwommen bin und große Berührungsängste mit dem Wasser hatte. Die ersten Versuche haben hoffnungslos ausgesehen. Ich habe mich mit Wasser dauernd verschluckt und meine Armbewegungen hatten wenig mit dem Kraulen zu tun. Ich habe jedoch den ganzen Winter lang fleißig trainiert und konnte nach einigen Monaten erste Erfolge verzeichnen. Im Sommer ist mir gelungen, zum ersten Mal 500 Meter, dann 1000 Meter und 1500 Meter im See zu schwimmen. Ich war bereit, beim Triathlon Karlsfeld 1,5 km zu schwimmen, 46 km Rennrad zu fahren und 10 km zu laufen. Was die anderen Disziplinen, das Laufen und Rennradfahren, betrifft, war ich ziemlich zuversichtlich. Ich laufe doch regelmäßig 10 bis 20 Kilometer. Im Mai bin ich spontan den Marathon Salzburg ohne eine spezielle Vorbereitung gelaufen und habe ihn in 4:22 gefinished. Die Rennradausfahrten bis zu 100 km sind auch keine große Herausforderung für mich.
Am 16. Juli ist es so weit. Mein Freund ist auch dabei, aber für ihn ist die olympische Distanz ein Kinderspiel. Mittlerweile hat er nämlich zwei Ironmans absolviert.
Ich habe gemischte Gefühle und bin verängstigt. Vor 2 Jahren habe ich zwar in Karlsfeld den Volkstriathlon gefinished, aber diesmal handelt es sich nicht um einen Wettkampf für Jedermann. Jetzt bin ich endlich bei den richtigen Triathleten dabei und muss Kraul schwimmen.
Das Wetter ist sehr günstig. Es regnet nicht und ist nicht zu heiß. Die Wassertemperatur liegt unter 22 Grad, weshalb es kein Neoprenverbot gibt. Mit dem Neoprenanzug bin ich doch wesentlich schneller.
Ich starte um 9 Uhr. Da ich eine unsichere Schwimmerin bin, stelle ich mich ganz hinten auf. Es geht los. Leider klappt es mit dem Kraulen überhaupt nicht. Ich verschlucke mich mit dem Wasser. Ich verstehe nicht, was mit mir los ist und schwimme Brust mit dem Kopf auf der Wasseroberfläche. Es ist nicht schlimm, weil ich so nicht langsamer als beim Kraulen bin. Ich mache noch ein paar Versuche, doch zu kraulen, aber ohne Erfolg. 5 Minuten später starten die schnellen Schwimmer. Nach 40 Minuten verlasse ich den See und bin sogar nicht die letzte. Eigentlich erstaunlich, weil es mit dem Kraulen nicht geklappt hat.
Meine Beine sind ziemlich müde. Ich verbringe ziemlich viel Zeit in der Wechselzone, bevor ich mich auf das Rennrad aufsetze und losfahre. Die Radstecke ist sehr flach. Zum Glück, denn ich bin sehr schlecht auf dem Berg beim Radfahren. Nach ca. 20 Kilometern stellt sich heraus, dass ich meine sportliche Leistung ziemlich überschätzt habe. Die Beine werden sehr müde und ich kann nicht so schnell radeln. Wir fahren die gleiche Strecke zweimal. Zum Schluss darf man die Ausfahrt nicht verpassen. Da mein Training unzureichend war, kann ich mit meiner Zeit beim Rennradfahren (1:35 Stunden) zufrieden sein. Trotzdem gehöre ich zu den langsamsten Triathleten.
Nach dem Verlassen der Wechselzone fange ich den 10-km-Lauf an. Normalerweise ist es meine Standardstrecke, die ich gemütlich im Tempo 5:30 laufe. Da ich mich aber schon mehr als 2 Stunden lang im GA2-Bereich verausgabt habe, kann ich nicht mehr so schnell laufen. Außerdem ist es mittlerweile sehr warm (über 25 Grad). Das Laufen ist mehr als anstrengend. Das Ziel erreiche ich nach 57 Minuten, wo schon meine beiden Männer auf mich warten. Mein Freund, der das Ziel 40 Minuten schneller als ich erreicht hat, trinkt schon das zweite alkoholfreie Bier. Mein Sohn und sein Freund, die meine persönlichen Sportfotografen gespielt haben, knipsen noch ein paar Fotos. Auch der Papa meines Sohnes und seine Freundin sind dabei und filmen meinen Zieleinlauf.
Ich bin sehr erschöpft, aber trotzdem glücklich und sehr stolz auf mich. Meine Gesamtzeit (3:22) ist nicht beeindruckend. Ich belege den Platz 454 von 460. Es ist aber nicht so wichtig. Das ist mein erster richtiger Triathlon und ich bin eine von nur 92 Frauen. Und wenn man bedenkt, dass ich mit dem Sport erst nach meinem 38. Geburtstag angefangen und nicht so extrem viel trainiert habe, ist es doch eine tolle Leistung.
Im nächsten Jahr werde ich höchstwahrscheinlich an einem weiteren Triathlon teilnehmen. Momentan sehen jedoch die Chancen sehr schlecht aus, wesentlich schneller zu sein. Beim Sport sind mir nämlich der Spaß- und Erlebnisfaktor sehr wichtig. Auf Rad- und Bergtouren lege ich gerne Pausen ein, um die wunderschönen Landschaften zu genießen und zu fotografieren. Ich kann mir vorstellen, dass ich irgendwann mit dem kleinen Ironman 70.3 versuche. Dazu wären jedoch das sichere Kraulen und die vielen langen Rennradausfahrten notwendig. Die letzten sind in diesem Jahr leider zu kurz gekommen.